Mittwoch, 18. März 2015

Nicht zu viel loben - warum nicht nur Eigenlob stinkt


In vielen Erziehungsratgebern werden Eltern dazu aufgefordert, ihr Kind viel zu loben.
Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht ist das Loben eher kritisch zu sehen. Mit Loben meine ich Sätze wie "Das machst du aber toll!" oder "Super kannst du das!". 
Wenn Eltern ihr Kind sehr viel loben, wecken sie in ihrem Kind den Wunsch nach noch mehr Lob und weckt auf Dauer eher Verunsicherung:
"Mary Budd Rove, eine Forscherin der Universität Florida, hat entdeckt, dass Schüler, die ausgiebig gelobt wurden, vorsichtiger mit ihren Antworten waren und eher dazu neigten, Antworten in einem fragenden Tonfall zu geben („äh, sieben?“). Sie hatten die Tendenz, eine eigene Idee, die sie eingebracht hatten, schneller aufzugeben, sobald ein Erwachsener nicht mit ihnen übereinstimmte. Und sie zeigten weniger Ausdauer bei der Bewältigung schwieriger Aufgaben und teilten ihre Ideen weniger mit anderen Schülern." (http://www.arbor-verlag.de/fuenf-gruende-gegen-%E2%80%9Egut-gemacht). 
Außerdem führt häufiges Loben dazu, dass Kinder Tätigkeiten nur noch mit dem Ziel, gelobt zu werden, tun - nicht mehr, weil sie selbst die Tätigkeit als wichtig ansehen:
"In einer beunruhigenden Studie, durchgeführt von Joan Grusec an der Universität von Toronto, hatten Kinder, die häufig dafür gelobt wurden, großzügig zu sein, die Tendenz, im täglichen Leben weniger großzügig zu sein als andere Kinder. Jedes Mal, wenn sie ein „Gut geteilt!“ oder ein „Ich bin so stolz auf dich, dass du hilfst!“ hörten, wurden sie weniger daran interessiert, zu teilen oder zu helfen. Diese Tätigkeiten wurden nicht mehr in sich selbst als etwas Wertvolles angesehen, sondern als etwas, das wieder gemacht werden musste, um diese Reaktion von Erwachsenen zu erhalten. Großzügigkeit wurde Mittel zum Zweck." (vgl. ebd.).
Zudem fanden Forscher Hinweise darauf, dass Kinder in etwas, wofür sie gelobt wurden, hinterher weniger erfolgreich waren - ein Grund dafür ist wohl der Druck, weiter gut zu bleiben, um wieder gelobt zu werden (vgl. ebd.)
Was also ist die Alternative? Dazu ist es hilfreich, zu überlegen, was Kinder sich wünschen, wenn sie uns ein selbst gemaltes Bild oder einen gerade gebauten Turm zeigen: Aufmerksamkeit, Interesse, Anteilnahme. Da ist ein "Oh, du hast ja einen Turm gebaut, zeig mal. Der hat aber viele Farben!" oder "Ah, du hast gemalt. Da möchte ich gern mal sehen. Wie hast du das denn gemalt?" doch viel konkreter als ein "Toll gemacht!". Oder "Sieh mal, wie dein kleiner Bruder lächelt. Er freut sich, dass du ihm geholfen hat." Also: Interesse zeigen, indem man Fragen stellt oder einfach beschreibt, was man sieht. 
Ein tolles Buch zum Thema "Lob und Strafe" ist "Liebe und Eigenständigkeit" von Alfie Kohn.

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