Sonntag, 13. Dezember 2015

Das Münchner Modell

Wie versprochen möchte ich hier das Münchner Modell zur Eingewöhnung vorstellen.
Im Vergleich zum Berliner Modell sieht es eine längere Begleitung durch die Eltern vor (Begründung siehe letzter Beitrag).
Frühestens nach 6 Tagen findet ein erster Trennungsversuch statt. Dieser dauert ca. 30 Minuten, damit das Kind die Gelegenheit lernt, seinen Trennungsschmerz zuzulassen und zu verarbeiten. Wenn es sich nicht beruhigen lässt, bleiben die Eltern danach noch für einige weitere Tage dabei, damit das Kind mehr Sicherheit und Vertrauen aufbauen kann. Wenn die Trennung gut funktioniert, werden die Zeiten ohne Eltern gesteigert.
Außerdem wird von Anfang an die gesamte Gruppe bzw. Einrichtung stärker einbezogen als beim Berliner Modell: Die Kinder lernen, gestärkt durch die längere Begleitung der Eltern, von Anfang an alle Abläufe, ErzieherInnen und die anderen Kinder kennen. Sie bleiben auch, wenn möglich, bereits jeweils für den gesamten Vormittag, essen mit usw.
Das Kind wird in einer aktiven Rolle gesehen - es wird nicht eingewöhnt, sondern gewöhnt sich ein.
Außerdem werden die Eltern sehr viel mehr einbezogen als beim Berliner Modell.
Hier einmal die Hauptunterschiede in Stichpunkten:

Kurzinformation Münchner Modell 
- Gesamtdauer ca. 3-4 Wochen (vergleichbar mit Berliner Modell)
- Größere Betonung der gesamten Gruppe schon während Eingewöhnung
- Stärkere Rücksicht auf Bedürfnisse der Eltern - (Vorgespräche, Gespräche während Eingewöhnung, Telefonat an den ersten Tagen ohne Eltern, ggf. Video)
- Längere Begleitung durch Eltern, dafür oft schnellere Steigerung der Zeiten ohne Eltern möglich
- Keine Trennung in den ersten 6 Tagen, danach ja nachdem, wie gut sich das Kind im Spiel bereits von der Muttter löst (einzelne Anzeichen siehe unten)
- Vor erster Trennung: Erste 4-5 Tage Eltern noch stark involviert, danach langsamer Rollenwechsel: Spielen, Wickeln, Füttern, etc. durch Fachkraft
Anzeichen für angemessenen Zeitpunkt für Trennung:
Kind erkundet entspannt und fröhlich die Gegend, ohne ständig nach Elternteil Ausschau zu halten

Kind kommuniziert mit Erzieherin/Tagesmutter/anderen Kindern 
Kind reagiert positiv auf die Fachkraft
Kind wendet sich nicht nur an den Elternteil, wenn es Unterstützung braucht
lässt sich von ihr füttern/wickeln, beteiligt sich aktiv daran (nicht passiv, „eingefroren“)
spielt mit gewisser Ausdauer, kein ständiges, nervöses Wechseln der Aktivität


Dienstag, 24. November 2015

Sanfte Eingewöhnung - warum sie so wichtig ist

Das Berliner Eingewöhnungsmodell ist inzwischen sehr verbreitet und wird oft als "sanft" propagiert. Bedenkt man, wie viele neue Eindrücke auf Kleinkinder, die neu in die Krippe kommen, einprasseln, halte ich die Vorgaben des Modells aber eher für absolute Mindestempfehlungen:
Drei Tage sind die Eltern nach dem Berliner Modell dabei, dann erfolgt die erste Trennung von den Eltern. Reagiert das Kind darauf sehr negativ, wird die Eingewöhnungszeit verlängert - das Problem ist aber, das für das Kind dann bereits eine sehr negative Erfahrung mit der neuen Situation entstanden ist.
Warum ist es so wichtig, die Eingewöhnung ganz behutsam zu gestalten? 
Dazu gibt es deutliche, sowohl ältere als auch aktuelle Forschungsergebnisse:
Kinder, die nicht behutsam unter Begleitung eines Elternteils eingewöhnt wurden
... hatten viermal häufigere Fehlzeiten wegen Erkrankungen
... zeigten deutliche Verzögerung in ihrer kognitiven Entwicklung nach 6 Monaten
... wiesen deutlich häufiger Verhaltensprobleme und eine beeinträchtigte Bindung zur Mutter auf
(Laewen 1989)
Auch Beller verglich 2002 behutsam und aprupt eingewöhnte Kinder:
In den ersten 18 Tagen beobachtete er mehr Ausdruck von Stress und weniger positive Gefühle bei den behutsam eingewöhnten Kindern  - also doch besser kurz und schmerzlos?
Nein, der erste Eindruck täuscht: Drei Monate nach Beginn der Eingewöhnung zeigten die behutsam eingewöhnten Kinder mehr positive soziale Interaktionen, Heiterkeit, Selbstständigkeit, Kooperation und weniger Angst, Aggression und Unzufriedenheiten als die schnell eingewöhnten Kinder.
Die Forscher deuten dieses überraschenden Ergebnisse so: Die Kinder, die bei der Eingewöhnung von ihren Eltern begleitet wurden, konnten den Stress durch die veränderte Lebenssituation aktiv verarbeiten. Die Kinder, die direkt abgegeben wurden, fühlten sich ohne ihre Eltern gehemmt und mussten so ihren Stress verdrängen. Äußerlich wirkten sie deshalb erstmal entspannter, doch der aufgestaute Stress führte nach ein paar Monaten zu vielen Problemen. Das passt auch zu den häufigeren Fehlzeiten, denn Stress schwächt das Immunsystem.
Es gibt Kinder, die ihre Trennungsängste wenig zeigen und sich scheinbar problemlos von ihren Eltern trennen. Die Wiener Krippenstudie hat aber 2007 belegt, dass diese Kinder dennoch mindestens genauso lange eingewöhnt werden sollten, wie Kinder, die mehr Trennungsängste zeigen. Denn bei den "pflegeleichten" Kindern zeigten sich die Trennungsängste nur verzögert. Wurden sie sehr schnell eingewöhnt, zeigten sie oft nach einiger Zeit negative Verhaltensauffälligkeiten und Zeichen von Unwohlsein.
In meinem nächsten Beitrag stelle ich das Münchner Modell vor, welches eine längere Begleitung durch die Eltern als das Berliner Modell vorsieht.

Freitag, 21. August 2015

Fehlerfreundlichkeit

"Aus Fehlern lernt man". Den Spruch kennen wir wohl alle, doch glauben wir das wirklich? Oder, wenn wir es glauben, passt unser Verhalten uns und unseren Kindern gegenüber dazu?
Mein Mann kann ziemlich gut erklären und er sagte mal, einige Dinge könne er gut erklären, weil er anfangs selbst fast alle Fehler dabei gemacht habe, die man machen kann, und daher genau wisse, warum wann was schief läuft. Daher sei er ein sehr fehlerfreundlicher Mensch.
Eigentlich finde ich diese Einstellung sehr klug und doch erwische ich mich immer wieder dabei, sie im Alltag wenig umzusetzen. Wie ist das z.B., wenn ich total gestresst bin und mein Sohn dann auch noch sein Glas mit klebriger Apfelschorle umkippt? Wie oft stand er in solchen Situationen einer genervten, wütenden Mutter gegenüber? Eigentlich unangemessen, dieses Verhalten von mir. Denn natürlich hat mein Sohn das Glas nicht absichtlich umgekippt. Und natürlich nützt es ihm überhaupt nichts, wenn er nun auch noch angemeckert wird.
Wie würde ich mich stattdessen fehlerfreundlich verhalten? Indem ich tief durchatme, ihm einen Lappen in die Hand drücke und allerhöchstens ein ruhiges "Pass beim nächsten Mal besser auf." von mir gebe. Doch selbst darauf wird er vermutlich von selber kommen.
Es ist bekannt, dass wir Menschen viel besser lernen, indem wir etwas tun als dadurch, dass wir etwas hören. Auch das erklärt, weshalb die eben beschriebene Reaktion - ruhig bleiben, das Kind lernt, indem es selbst den Schaden wieder gut macht - sehr viel sinnvoller ist als das typische: "Oh Mann, kannst du nicht mal aufpassen! Sieh doch hin, was du tust! Das kommt davon, wenn du so herumhampelst!"
Und natürlich betrifft Fehlerfreundlichkeit auch den Umgang mit meinen eigenen Schwächen. Nicht, dass ich nicht versuchen sollte, an meinen Fehlern zu arbeiten. Aber wenn ich etwas falsch gemacht habe, bedeutet Fehlerfreundlichkeit, das einzusehen, dazu zu stehen, mich, wenn ein anderer Mensch betroffen war, zu entschuldigen , den Schaden möglichst zu beheben und weiterzumachen. Ohne peinliche Rechtfertigungen oder sinnlose anhaltende Selbstvorwürfe. In dem Wissen, dass auch ich aus Fehlern lerne.
Wenn ich mich dann meinem Kind gegenüber doch mal viel zu genervt und aggressiv verhalten habe, ist es wertvoll, wenn ich das hinterher ehrlich kommuniziere: "Du, es tut mir leid, dass ich vorhin so geschimpft habe. Ich weiß ja, dass du das nicht wolltest. Entschuldige bitte." Auf diese Weise kann mein Kind sogar aus meinen Fehlern lernen - nämlich, wie man sinnvoll mit Fehltritten umgeht und, wie man sich entschuldigt.
Also: Keine Angst vor Fehlern!

Freitag, 3. Juli 2015

Kinder und Milch

Ich weiß noch, dass ich bei meinem Sohn im Kleinkindalter immer sehr darauf geachtet habe, dass er genügend Milchprodukte isst - wegen des Calciums, das ist ja so wichtig für die Knochen.
Neulich wurde ich jedoch darauf aufmerksam, dass Kuhmilch offenbar nicht so gesund ist, wie wir annehmen.
So gibt es Hinweise auf Zusammenhänge zwischen hohem Kuhmilchkonsum in der Kindheit und Brust- sowie Prostatakrebs (https://www.martini-klinik.de/prostatakarzinom/ursachen-und-risikofaktoren/) und (https://www.martini-klinik.de/prostatakarzinom/ursachen-und-risikofaktoren/).
Eigentlich nicht verwunderlich bei der heute verbreiteten Tierhaltung und der unnatürlichen, für Kuh und Kälbchen grausamen Art, wie wir Menschen an die Milch kommen.
Ich bin keine Veganerin und gerade bei meinen Kindern wäre mir auch das Risiko, dass bei völligem Milchverzicht doch Mängel entstehen, zu groß. Doch seitdem ich mich ein wenig mit dem Thema beschäftigt habe, konsumiere ich nicht mehr nur Fleisch, sondern auch Milchprodukte bewusster und weniger. Man bedenkt ja oft gar nicht, wie viele Produkte auf Milchbasis wir zu uns nehmen - Käse, Frischkäse, Eis, Joghurt, Sahne, ... da kommt schon einiges zusammen.
Fleisch essen wir -ein, max. zweimal pro Woche in Bioqualität und glücklicherweise gibt es auch viele gesunde Alternativen zur Milch, die uns mit Calcium versorgen - z.B. Sesamsamen, Gemüse wie Broccoli, Fenchel, Lauch und Mandeln. Außerdem gibt es Getränke mit Calciumzusatz, z.B. calciumreiches Mineralwasser, Hafermilch oder Kokosmilch, die von Natur aus Calcium besitzt.
Das Calcium aus diesen Quellen soll sogar teils besser vewertbar sein als aus Milch, da die tierischen Proteine der Milch die Aufnahme hemmen. Mehr Infos dazu gibt es hier: https://vegancorner.wordpress.com/2012/01/07/das-leidige-thema-milch-bzw-calcium/
Hervorragend verwertbar und außerdem voll von anderen gesunden Bestandteilen ist natürlich Muttermilch. Das spricht auch dafür - wenn möglich - das Kind nicht schon im Alter von 6-8 Monaten abzustillen. Das scheint hier in Deutschland inzwischen total gängig zu sein, obwohl die WHO sogar empfielt, noch bis zum 2. Geburtstag oder länger teilweise zu stillen. Ganz so lange kann ich mir das aktuell auch nicht vorstellen, doch zumindest bis zum Alter von 1 oder 1,5 erscheint mir sinnvoll. Weiterer Pluspunkt: Je länger eine Mutter stillt, desto geringer ihr Brustkrebsrisiko!
Und was die Knochen unserer Kinder angeht: Calciummangel ist bei uns kein Problem, davon kriegen Kinder in Deutschland eher zu viel. Ein weit verbreiteter Mangel besteht hingegen an Vitamin D, das ebenfalls sehr wichtig für einen gesunden Knochenaufbau ist - deswegen geben KinderärztInnen auch neue Empfehlungen zur Vitamin D-Versorgung von Kindern  (http://www.baby-und-familie.de/gesundheit/Vitamin-D-Mangel-bei-Kindern-vorbeugen-199405.html).

Sonntag, 21. Juni 2015

Beratung bei Schrei- und Schlafproblemen

Schrei- und Schlafprobleme belasten die ganze Familie und aufgrund der großen Vielfalt an unterschiedlichen Herangehensweisen (von "Lass das Kind doch einfach mal schreien" zu "Trag es den ganzen Tag am Körper und erfülle alle seine Bedürfnisse") fühlen sich viele Eltern ratlos. Wem soll man Glauben schenken? Welche Methoden sind sinnvoll und welche passen zu uns als Familie, zu unserer aktuellen Situation und unseren Erziehungsvorstellungen?
Durch meine eigene Betroffenheit weiß ich, dass hier ein großer Bedarf an individueller, professioneller Beratung besteht und dieser aktuell nicht durch ausreichend Angebote gedeckt wird. In Osnabrück gibt es z.B. die Babysprechstunde, die sicherlich bei kleineren Problemen hilfreich ist. Jedoch werden die Beratungsgespräch hauptsächlich von StudentInnen geführt. Gerade bei diesem emotionalen und sehr persönlichen Thema erscheint mir jedoch die Fähigkeit, auf eigene Erfahrungen zurückgreifen zu können, als sehr wichtig.
Andere BeraterInnen agieren deutschlandweit, verlangen aber extrem hohe Honorare.
Da ich durch mein erziehungswissenschaftliches Studium eine gute Grundlage habe und in den letzten Jahren ein umfassendesWissen zu diesem Thema erworben habe (u.a. durch eine Fortbildung zu Regulationsstörungen), habe ich mich entschlossen, selbst freiberuflich Beratung bei Schrei- und Schlafproblemen anzubieten- sowohl persönlich für Familien aus Osnabrück und Umgebung als auch für Familien, die weiter weg wohnen, online bzw. per Telefon. Mein Ziel ist es, zu fairen Preisen Beratung anzubieten, die wirklich weiterbringt.
Ein weiterer Beratungsschwerpunkt wird die berufliche Orientierung sein - das zweite Thema, mit dem ich mich in den letzten Jahren beruflich viel beschäftigt habe.
Alle Infos rund um das Beratungsangebot gibt es auf meiner Homepage www.neuewege.me

Samstag, 20. Juni 2015

Sanftes Schlaftraining, Update

Wie bereits angekündigt, kommt hier nun ein kleines Update über unsere Erfahrungen mit dem sanften Schlaftraining, welches ich in den unteren Beiträgen beschrieben habe.
Kurz gesagt: Nach einem weiteren Rückfall in der fünften Nacht ist es bisher ein echter Erfolg!
Unsere Kleine schläft zwar noch nicht von abends bis morgens durch, aber viel besser als zuvor.  Aktuell wacht sie meist zwischen 22:30 und 23:30 einmal auf und möchte gestillt werden, schläft danach meist sehr schnell und gut wieder ein (kaum Protest, wenn ich sie in ihr Bettchen lege) und möchte dann um 5:00 wieder essen. Danach ist es oft etwas schwierig. Zwischen diesen Mahlzeiten kam es seit dem Training fast gar nicht mehr vor, dass wir sie beruhigen mussten. In einigen Nächten schreit sie alle 2 Stunden kurz, beruhigt sich aber innerhalb weniger Minuten von selbst. Für uns ist das insofern etwas ärgerlich, als dass wir natürlich wach werden, horchen, ob sie allein einschläft und somit eine weitere Unterbrechung unseres Schlafes haben. Unser Schlafdefizit ist also immer noch vorhanden. Dennoch freuen wir uns  über ihre neu erworbene Fähigkeit, selbstständig wieder einzuschlafen. Und hoffen, dass auch das Schreien bald nachlässt, was in einigen Nächten schon der Fall ist.
Das Einschlafen klappt noch recht unterschiedlich gut - zwischen 15 und 45 Minuten dauert es meist und ist manchmal noch mit viel Geschrei verbunden. Schwierig finde ich es, wenn sie sich immer wieder hinstellt und auf den Arm will. Meist nehme ich sie ein paar Mal kurz in den Arm, wenn sie es aber zu oft wiederholt, erkläre ich ihr, dass sie nun im Bett bleiben muss und lege mich, sobald sie sich hinstellt, demonstrativ runter auf die Matraze (statt sie weiter zu streicheln). Wenn sie dann schreit, warte ich kurz, helfe ihr, sich hinzulegen und streichle sie weiter. Das muss ich teilweise sehr oft wiederholen, aber irgendwann schläft sie und, dass die Nächte so viel besser sind, ist diese Anstrengung auf alle Fälle wert!
Das Einschlafen abends und tagsüber klappt aktuell am besten mit mir, nachts kann aber auch mein Mann sie beruhigen (wenn sie doch mal außerhalb der Mahlzeiten Hilfe braucht). Grundsätzlich erscheint mir zwar das Stillen gegen Mitternacht für ihr Alter unnötig, doch da sie wirklich hungrig zu sein scheint, machen wir das erstmal mit.
Als wirklich hilfreich habe ich übrigens Hörbücher per Kopfhörer erlebt. Es entspannt einfach, während des Geschreis ein wenig Ablenkung zu haben und diese Unmenge an Zeit, die man mit der Einschlafbegleitung verbringt, für sich selbst ein wenig angenehmer zu gestalten. Während die Einschlafzeit vorher bei mir oft Gedanken wie "Jetzt muss sie wieder ins Bett, das gibt wieder ein Theater ..." auslöste, freue ich mich jetzt sogar meist darauf, weil das Hörbuch spannend ist.
Bei Einschlafproblemen entsteht ja schnell eine Negativspirale im Sinne von: Das Kind schreit und schläft einfach nicht ein - die Eltern fühlen sich zunehmend gestresst und frustriert und warten darauf, dass das Kind endlich schläft - das Kind spürt den Druck, die Ungeduld und wird noch unruhiger - usw. Eine angenehme Ablenkung für die Eltern kann den unterschwelligen Erwartungsdruck "Jetzt schlaf doch endlich" mindern und damit Entspannung in die Situation bringen. Alternativ ist es auch möglich, bewusst über ein konkretes Thema nachzudenken, etwas zu planen, zu beten, sich auf den eigenen Atem zu konzentrieren ... einige Eltern können dabei wohl auch lesen, doch meine Kleine würde vom Licht zu sehr irritiert werden. Da gibt es sicherlich viele Möglichkeiten.  Ich bin mittlerweile schon bei Hörbuch Nr. 3 ;)

Sonntag, 7. Juni 2015

Rückfälle bei Schlaftrainings - der "extinction burst"

Ich hatte unter "Sanftes Schlaftraining, Teil 1" von unseren Erfolgen bei unserer Tochter berichtet. Leider ging es dann aber nach einigen Tagen nicht mehr recht voran und wurde sogar schlechter. Wir waren frustriert und erschöpft ... und gaben erstmal auf.
Nun bin ich auf etwas gestoßen, das mir neu war und über das ich deshalb kurz berichten möchte: Der sogenannte "extinction burst", eine Art Rückfall. Dieser wird so beschrieben, dass das Kind zu Beginn des Schlaftrainings- manchmal schon am 2. Tag, manchmal auch erst nach 5-7 Tagen, plötzlich wieder in alte Verhaltensmuster fällt oder es sogar noch schlimmer zu werden scheint. Ein letztes "Aufbäumen" der Schlafprobleme quasi ... In der Literatur, die ich dazu las, war von einer Dauer von 1-3 Nächten die Rede, in denen man unbedingt am Ball bleiben soll, mit dem Wissen, dass solche Rückfälle normal und vorübergehend sind. Hätten wir das nur gewusst!
Nun haben wir einen neuen Anlauf gewagt und der erste Versuch lief gleich sehr gut. Einschlafen zwar mit viel Gebrüll, Gekuschel, Streicheln und Beruhigen, aber dann hat die Kleine von 19-5 Uhr durchgeschlafen (zwischendurch kurz geschrien, sich aber selbst beruhigt - genau das ist ja das Ziel).
Wir waren ganz begeistert - und dementsprechend frustriert, als die zweite Nacht äußerst schwierig verlief. Doch nun wissen wir ja um den extinction burst und hoffen, dass sich dieser hinter der Verschlechterung verbirgt und wir schon bald eine konstante Besserung sehen.
Ich werde berichten!

Mittwoch, 27. Mai 2015

Sanftes Schlaftraining, Teil 2: Tweedle-Methode

Auch diese Methode gehört zu den sanfteren Schlaftrainings und kann schon bei Babys in den ersten Lebenswochen angewandt werden.
Wie sonst auch, soll sehr genau auf Müdigkeitsanzeichen wie Augen reiben, am Ohr berühren, Quengeln, starrer Blick, Gähnen, etc. geachtet werden. Dann schnell reagieren - das Baby bettfertig machen und im abgedunkelten Raum ins Bett legen. Dann einen immer gleichen Satz sagen, z.B. "So müde bist du, nun wirst du gut schlafen." Dann geht man raus. Wenn das Baby weint, geht man nach 20-30 Sekunden zurück und beginnt mit einer Beruhigungsmethode, z.B. auf die Seite drehen und am Rücken streicheln. Dabei bleibt man 5 min und wechselt, wenn nötig, dann zu einer anderen Methode, z.B. Hand auf den Bauch legen/Schlaflied singen/Kopf streicheln o.ä. Pro Versuch soll man höchstens 3 verschiedene Methoden je 5 Minuten ausprobieren und dann weider rausgehen. Wenn das Baby noch immer schreit, geht man nach 20-30 Sekunden wieder herein, versucht erneut, es zu beruhigen. Wenn das Baby aber nach 20 min immer noch nicht zur Ruhe gekommen ist, nimmt man es heraus und nimmt es ein wenig auf den Arm/macht eine Massage o.ä. Wenn es dann wieder müde ist, beginnt man das Vorgehen erneut.
Aus verhaltenspsychologischer Sicht frage ich mich, ob man älteren Babys nicht damit signaliert, dass sie nur lange genug schreien müssen, um aus dem Bett genommen zu werden. Daher bin ich von dieser Methode nicht vollständig überzeugt.

Mittwoch, 13. Mai 2015

Sanftes Schlaftraining, Teil 1


In meinem letzten Post habe ich die beiden bekanntesten Positionen zum Thema "Babys und Schlafen" vorgestellt. Geschlossen habe ich mit dem Hinweis, dass es durchaus auch Methoden gibt, die zwischen diesen beiden Polen liegen.
Eine ist z.B. die, welche im Englischen als "camping out" bezeichnet wird: Ein Elternteil macht es sich mit Sessel oder Matraze im Zimmer seines Kindes bequem - anfangs direkt neben dem Kinderbett. Dabei soll das Kind lernen, mit möglichst wenig Hilfe (je nach Kind und Ausmaß der Schlafprobleme) in seinem Bett einzuschlafen, wird aber nicht mit möglichen Trennungsängsten durch das Herausgehen des Elternteils konfrontiert. Wie viel oder wenig Hilfe es beim Einschlafen bekommt, kann sehr unterschiedlich sein. Bei der Variante "extinction with parental presence" ignoriert das Elternteil das Schreien des Kindes und täuscht vor, zu schlafen. Wenn es sehr dunkel ist, kann Mama oder Papa mal husten oder andere Geräusche machen, um zu zeigen: "Ich bin da.", soll aber sonst nicht intervenieren. Das kann für das Kind sehr irritierend sein - Mama oder Papa ist da, hört mich weinen und "hilft" mir aber nicht. M.E. sollte man dieses Vorgehen, wenn überhaupt, nur bei älteren Babys oder besser Kleinkindern anwenden, die es verstehen, wenn man ihnen vorher erklärt, was passieren wird und warum.
Andere, sanftere Varianten erlauben durchaus Singen, leises Sprechen oder auch Streicheln/Hand halten, wobei nach und nach versucht werden sollte, die Hilfen zu reduzieren.
Auf diese Weise soll das Kind lernen, dass sein eigenes Bett ein sicherer Ort ist und, dass es nicht direkt schreien muss, wenn es nachts aufwacht, weil es sich selbst beruhigen und wieder in den Schlaf finden kann. Gleichzeitig wird verhindert, dass mögliche Trennungsängste großen Stress auslösen.
Gleichwohl kann auch diese Methode mit viel Geschrei einhergehen - meine Tochter hat z.B. am ersten Abend eine Stunde lang ziemlich hysterisch geschrien und sich sogar im Bett hingestellt. Schließlich ist sie mit Schnuller im Mund und meiner Hand auf ihrem Kopf eingeschlafen. Doch seitdem ich ein paar Tage so vorgehe, hat sie zumindest abends riesige Fortschritte gemacht: Schon am zweiten Abend schrie sie nur noch 5-10 min. Zwischendurch war es mal wieder schwieriger, sie zum Einschlafen zu bringen, aber seit dem 1. Abend schläft sie endlich mal 2-3 Stunden am Stück (ca. von 19:00-21:00 oder 22:00), sodass wir immerhin abends mal durchatmen können! Auch tagsüber sind ihre Nickerchen jetzt öfter mal 1,5 h lang statt nur 45 min. Und in einer Nacht (ca. 1 oder 1,5 Wochen nach Beginn des "Trainings") hat sie zum ersten Mal "durchgeschlafen": von 19:00-2:00, dann einmal Stillen, zurück ins Bett legen (1 min meckern, kurz streicheln, alles gut) und dann bis 6:45. Das war bisher leider einmalig, aber wir hoffen, dass es weiter bergauf geht und sehen ja bereits deutliche Fortschritte.
Was hilft: Besonders anfangs das Baby sehr schläfrig hinlegen, nicht noch ganz wach, wie es oft empfohlen wird. Zumindest meine Tochter braucht viel Körpernähe, um abzuschalten und sie merkt das Ablegen auch, wenn sie die Augen bereits ein paar Minuten geschlossen hatte.
Ein weiterer Tipp: Dem Elternteil, der sich auf die Matraze legt, kann ein Hörbuch als Ablenkung helfen.
Unserer Tochter hilft außerdem ein Kuscheltier, neben das ich sie lege.
Was ich mich anfangs fragte: Wie konsequent wird das Training durchgezogen? Abends, nachts, tagsüber oder erstmal nur abends? Wir haben abends und tagsüber begonnen uns uns nachts erstmal weiter zu ihr gelegt - Fortschritte machte sie trotzdem. Nach ein paar Tagen versuchten wir, sie auch nachts wieder in ihr Bett zu legen - wenn sie aber zu sehr protestierte, nahmen wir sie zu uns. Nach ein paar Tagen klappte es aber und heute zum ersten Mal richtig gut. Da muss man also individuell schauen.
Empfehlenswert ist das Buch "Schlafen statt Schreien" von Elizabeth Pantley. Darin wird eine ähnliche Vorgehensweise berichtet und es gibt weitere Tipps z.B. zur Einführung eines Kuscheltiers, Entwöhnung vom nächtlichen Stillen, usw.
Im nächsten Post möchte ich über eine weitere Methode berichten, die sich zwischen "einfach abwarten" und "kontrolliertes Schreienlassen" bewegt und besonders für kleine Babys geeignet ist.
Ich freue mich über Kommentare oder Fragen!

Freitag, 8. Mai 2015

Der Grabenkampf um den Babyschlaf

Unter Eltern gibt es viele kontroverse Themen. Eines davon ist definitiv das Thema "Babys und Schlafen". Da gibt es die eine Eltern-Fraktion, die das Recht des Kindes und der Eltern  auf Schlaf betont und dem Kind z.B. mithilfe des Buches "Jedes Kind kann schlafen lernen" das Schlafen "beibringt", indem das Kind für bestimmte Zeitintervalle allein schreien gelassen wird. Nach dieser Zeit (zwischen 3 und 20 Minuten) wird es kurz getröstet, dann aber wieder allein gelassen.
Eigentlich wurde dieses Verfahren für Kinder ab 12 Monaten entwickelt und wird oft auch erst ab diesem Alter empfohlen. Dennoch wenden es viele, auch aufgrund des genannten Buches, schon ab 6 Monaten an.
Dieses Vorgehen wird inzwischen von vielen Seiten scharf kritisiert - es schade der Bindung des Kindes, seinem Urvertrauen und könne psychische Schäden verursachen.
Das durch Studien zu belegen nicht möglich, da immer auch andere Faktoren für psychische Störungen verantwortlich gewesen sein könnten.
Was aber auch ohne solche Studien klar ist
- Kleine Babys haben noch keine Objektpermanenz. Das heißt, wenn Papa den Raum verlässt, wissen sie nicht, dass er noch hinter der Tür oder im Wohnzimmer ist. Für sie ist er einfach "weg", was große Ängste auslösen kann. Wann genau sich diese Fähigkeit entwickelt, ist noch unklar, vermutlich irgendwann zwischen 4 und 8 Monaten.
- Auch Babys kennen Trennungsängste
- Die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, entwickelt sich erst langsam
- Schreien bedeutet für Babys viel Stress
- Wenn Papa 5 min weg ist, dann wieder hereinkommt, 1 min tröstet, dann wieder verschwindet, nach 10 min wiederkommt usw., ist das für das schreiende Baby ein großes Wechselbad der Gefühle. Papa geht raus: Panik, Schreien! Papa ist weg: Noch mehr Panik, Angst, Wut, Schreien. Papa kommt wieder: Erleichterung, Hoffnung auf Trost und Beistand. Papa geht wieder weg: Wieder Panik ... usw.
Einige Autoren empfehlen deshalb sogar, doch lieber ganz draußen zu bleiben ("extinction"). Das kann aber bedeuten, das Baby stundenlang allein schreien zu lassen, wovon auch die Autorin des umstrittenen Buches "Jedes Kind kann schlafen lernen" deutlich ablehnt. Das Baby wird dann nämlich völlig allein gelassen und erfährt nicht, dass sich jemand kümmert, wenn es nach Hilfe schreit.
Wir können nicht wissen, ob ein zeitlich begrenztes Schreienlassen bei Babys anhaltende Schäden verursacht. Vermutlich ist das auch gar nicht so allgemeingültig zu beantworten. Die Resilienzforschung zeigt z.B., dass einige Kinder deutlich besser mit Stress oder beängstigenden Situationen umgehen können als andere. Welche Kinder zu welcher Gruppe gehören, ist oft, gerade in diesem Alter, nicht einschätzbar. Ich selbst kenne einige Kinder, deren Eltern so vorgegangen sind und mein Eindruck ist sehr unterschiedlich: Ein Teil der Kinder wirkt tatsächlich unausgeglichen und sehr schüchtern, wofür aber natürlich auch 1000 andere Faktoren verantortlich sein können. Und andere wirken fröhlich und zufrieden und machen erstmal nicht den Eindruck, als habe ihnen das begrenzte Schreienlassen geschadet.
Nicht zu leugnen ist aber, dass die Methode definitiv nicht "sanft" ist und für das Baby viel Stress bedeutet. Das Risiko, dass es unter größeren Verlassensängsten leidet, ist definitiv vorhanden. Und das ist zumindest Grund genug, nach besseren, sanfteren Methoden zu suchen.
Die andere Fraktion beim Streit zum Thema "Schlafen" ist sehr bedürfnisorientiert und betont das Bedürfnis des Babys nach Schutz und Nähe einer Bezugsperson. Das Familienbett wird praktiziert und Babys müssen gar nicht lernen, allein zu schlafen. Evolutionsbiologisch ist es auch nachvollziehbar zu begründen, dass Babys nicht gern allein schlafen - denn in der freien Wildbahn wären sie allein völlig schutzlos.
Was mich aber an dieser Sichtweise stört, ist, dass oft behauptet wird, das gemeinsame Schlafen löse alle Probleme. Baby im Bett, alle können schlafen, alles prima. Doch leider ist eben das nicht der Fall. Gerade diese Eltern berichten oft, dass ihre Babys alle 1-2 Stunden aufwachen und gestillt/getragen oder anderweitig beruhigt werden müssen. Das sei eben so, wird dann oft behauptet und da sehe ich eine gefährliche Tendenz zur Selbstausbeutung. Klar gibt es solche Phasen, aber so etwas über 1-2 Jahre durchzuziehen ist definitiv nicht gesund - Schlaf ist ein Grundbedürfnis! 
Ich habe mich oft hin- und hergerissen gefühlt zwischen diesen beiden Extremen. Ich möchte meinen Kindern alle Liebe und Zuwendung geben, die sich brauchen und ihnen keinesfalls unnötige Ängste zumuten. Andererseits ist mein Großer, bis er 2,5 J. alt war, in den meisten Nächsten alle 1,5 Stunden aufgewacht und hat geschrien - trotz Familienbett und viel Zuwendung. Auch meine Kleine ist eine schlechte Schläferin - und obwohl ich "die Lösung" bisher nicht gefunden habe, weiß ich, dass ich so eine Zeit wie bei meinem Sohn nicht noch einmal erleben will.
 Doch offenbar gibt es auch sinnvolle Mittelwege. Davon möchte ich im nächsten Post schreiben.

Freitag, 17. April 2015

Babymassage fördert die Melatonin-Produktion und verhilft damit zu besserem Schlaf

Bis vor Kurzem dachte ich, dass Babymassage nur "ganz nett" ist - ein wenig Kuscheln, Körpernähe, einfach etwas, das einige Babys genießen (so richtig entspannen ist bei meinen jeweils nicht drin gewesen - aber vielleicht habe ich auch zu spät angefangen).
Doch eine Studie weist darauf hin, dass es sich auch mit Hinblick auf das Schlafverhalten von Babys lohnt, schon ca. 10-14 Tage nach der Geburt damit zu beginnen: Die Babys, die ab diesem Zeitpunkt in den Genuss regelmäßiger Massage kamen, hatten deutlich höhere Melatotinspiegel (Melatonin ist ein Hormon, das wichtig für die Schlafregulation ist) als die Babys, die nicht massiert wurden.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12476070

Samstag, 28. März 2015

"Mara und Timo entdecken die Bibel" - meine etwas andere Kinderbibel.

Kinderbibeln gibt es wie Sand am Meer. Warum also noch eine schreiben? Nun, das kam so.
Ich suchte eine Kinderbibel für meinen 3j. Sohn. Als Erziehungswissenschaftlerin und Germanistin mit Theologie im Nebenfach stelle ich vermutlich recht hohe Ansprüche, schon klar. Andererseits können bei der Frage nach den Werten und Weltanschauungen, die wir unseren Kindern vermitteln, hohe Ansprüche doch nicht verkehrt sein, oder?
Ich suchte nach einer Kinderbibel, ...
... die liebevoll illustriert ist
... deren Sprache für 2-6jährige wirklich verständlich ist
... deren Handlungen sich auf das Wesentliche konzentrieren - gerade kleinere Kinder sind von zu vielen Details überfordert und schalten dann schnell ab
... deren Auswahl an Geschichten altersangemessen ist - grausame oder sehr schwer verständliche Geschichten, die schon uns Erwachsenen Schwierigkeiten bereiten, haben m.E. in Kinderbibeln nichts zu suchen
... die keine falschen Versprechungen macht - z.B. "Gott passt auf dich auf, deswegen brauchst du dich nicht zu fürchten". Stimmt das denn? Auch gläubige Menschen erleben doch schlimmstes Leid. Hat Gott dann gerade nicht aufgepasst? Hier sollte man genau überlegen, welche Zusagen gemacht werden ("Gott ist bei uns, auch, wenn es uns nicht gut geht" ist da schon viel lebensnäher)
... die keine falschen Sicherheiten vorspielt - ist es wirklich sinnvoll, den Kindern z.B. die Schöpfungsgeschichte wie einen wissenschaftlichen Bericht zu erzählen? Ich meine, hier sollte man ehrlicher sein, z.B.: "Schon früher haben sich die Menschen Gedanken dazu gemacht, wie unsere Welt wohl entstanden ist. War ganz am Anfang gar nichts, nur Gott? Hat er dann alles erschaffen? Und wenn ja, wie? Die Schöpfungsgeschichte zeigt, wie die Menschen früher sich das alles vorgestellt haben. Heute haben wir andere Ideen, aber so ganz genau wissen wir das alles nicht. Wichtig ist: Gott liebt diese Welt und hat Gutes mit ihr vor. Und er schenkt uns diese Welt, damit wir uns gut um sie kümmern - so wie er sich um uns kümmert."
... die zeigt, was die alten Geschichten der Bibel Kindern von heute sagen können - viele Handlungen von Bibelgeschichten sind sehr weit weg von der Lebenswelt heutiger Kinder. Dennoch besitzen sie Botschaften, die auch heutzutage wertvoll sind. Die sind aber manchmal nicht so leicht zu erkennen und müssen deshalb füre die Kinder nachvollziehbar herausgearbeitet werden.
Ich suchte wirklich lange und ausgiebig, sowohl in Geschäften als auch im Internet. Und fand - nichts. Schließlich nahm ich frustriert die, die mir noch am besten erschien. Mein Sohn wollte die Geschichte von Adam und Eva hören - gesagt, getan. ...
"Bevor ich mich weitere ärgere, akzeptiere ich lieber, dass es das, was ich suche, einfach nicht gibt.", dachte ich mir schließlich. Aus Gesprächen mit anderen Eltern erfuhr ich, dass ich nicht allein war mit dieser Unzufriedenheit. Und so machte ich mich ans Werk ...

Mittwoch, 18. März 2015

Schreibabys - was hilft?

Im Folgenden eine erste Sammlung von Tipps für Eltern von Schreibaby - auf einige werde ich in späteren Posts noch näher eingehen.

Grundsätzlich ganz wichtig: Macht euch frei von dem Druck, das Kind unbedingt "ruhigstellen" zu müssen. Eure Aufgabe ist es nicht, das Schreien zu stoppen. Sondern eure Aufgabe ist es, für euer Kind da zu sein und ihm zuzuhören. Manchmal brauchen Babys das Schreien, um Belastungen, Stress und Anspannung (z.B. aus Schwangerschaft, Geburt oder aktuellen Erfahrungen) zu verarbeiten. Die Geburt z.B. ist - selbst, wenn sie ohne Komplikationen verläuft - für Babys eine riesige Veränderung und das bedeutet auch Stress. Säuglinge können ihren Gefühlen noch nicht durch Worte Luft machen wie wir. Deshalb: Wenn ihr mögliche konkrete Auslöser wie Hunger, nasse Windel, Kälte oder Hitze, Schmerzen ausgeschlossen habt, versucht, das Weinen anzunehmen und zuzulassen. Haltet euer Baby im Arm, redet zwischendurch ruhig mit ihm: "Ja, es ist gut, dass du mir das erzählst. Das klingt sehr anstrengend. Das hört sich wirklich stressig an. Es ist nicht immer einfach, was? Ich bin bei dir. Lass' den Stress ruhig heraus." Versucht, das Weinen nicht als Problem zu sehen, sondern als Vertrauensbeweis eures Kindes - es fühlt sich bei euch so wohl, dass es sich traut, alle Spannungen bei euch abzuladen und euch davon zu "erzählen".

Weitere Vorgehensweisen und Mittel, die einem Schreibaby helfen können: 
 
- Calmedoron von Weleda (versuche ich gerade selbst bei meiner Tochter und habe bisher den Eindruck, dass es ihr wirklich hilft)
- evtl. öfter stillen/Pre-Nahrung anbieten (kleinere Mengen belasten den Magen weniger als alle 3-4 Stunden große Mahlzeiten).
- Stillen nach Bedarf! Babys haben Wachtstums- und Entwicklungsschübe, es gibt heiße und kalte, ruhige und anstrengendere Tage - all das beeinflusst, wie oft ein Baby Hunger hat.
- auf Müdigkeitsanzeichen achten, z.B.: Augen reiben, gähnen, Baby dreht den Kopf weg, schaut starr. Babys sind oft schon nach 1-2 Stunden Wachzeit wieder müde! Wenn sie nur kurz (30-45 min) geschlafen haben, kann es sogar sein, dass sie noch schneller wieder müde sind. Anfangs noch nicht auf festen Schlafzeiten bestehen - je nach körperlicher und kognitiver Entwicklung bzw. Gesundheitszustand brauchen Babys unterschiedlich viel Schlaf.
- Reize eindämmen (Zimmer abdunkeln, evtl. auch noch Tuch über die Augen während des Einschlafens, nur leise brummen/singen)
- Hände des Babys nehmen und vor seinem Bauch zusammenführen
- eigene Hand auf Bauch des Babys legen
- sich selbst erhöht hinlegen (dickes Kissen in den Rücken) und Baby zu sich auf den Bauch nehmen 
- hat das Baby Milchschorf, der erst nach dem 3./4. Lebensmonat aufgetreten ist? Das kann in einigen Fällen sehr jucken - mit dem Kinderarzt sprechen, ggf. vorsichtig lösen (Ducray Kelual Emulsion 20 min einwirken lassen, mit Nissenkamm behutsam die Schuppen lösen, evtl. Calendula Öl hinzunehmen)
- das Baby in Seitenlage ablegen (mit einem Stillkissen oder Keilkissen/Seitenschläferstützkissen stützen)
- weißes Rauschen (z.B. youtube "white noise")
- BiGaia Tropfen (Probiotika für die Normalisierung der Darmflora)
- das Baby viel tragen, nicht nur, wenn es schreit -  z.B. im Marsupi (bei jüngeren Babys), Buzzidil, Bondolino, Manduca, Ergo Baby ... (nicht gesund für Babys Rücken: Baby Björn und ähnlich gebeute Modelle - der Steg zwischen den Beinen ist zu schmal. Und wichtig: Nicht mit dem Gesicht nach vorn tragen!)
- einige Babys beruhigen sich auch in einer Federwiege 
- bekommt das Baby Vitamin D-Tabletten mit Fluor? Das kann Blähungen verursachen, ggf. auf reines Vitamin D umsteigen
- Stillende Mütter können ihre Ernährung überprüfen: Esse ich viel Blähendes? z.B. Zwiebeln, Knoblauch, Lauch ... Vollkorn kombiniert mit Zucker (z.B. in "gesunden" Keksen) kann auch blähen. Auch den Koffeinkonsum sollten stillende Mütter im Blick haben: Maximal 1-2 Tassen Kaffee oder Grünen bzw. Schwarzen Tee. Für einige sensible Babys ist selbst das zu viel - da hilft manchmal nur der Umstieg auf koffeinfreie Getränke. Übrigens, auch Schokolade und Kakao enthalten Koffein, also nur in Maßen genießen!
- sich Entlastung holen z.B. bei "wellcome" (www.wellcome-online.de)
- körperliche Ursachen, wie z.B. Mittelohrentzündung, überprüfen lassen
- Fencheltee, Massage (Effectiveness of massage, sucrose solution, herbal tea or hydrolysed formula in the treatment of infantile colic. Arikan et al. 2008)

Sollte es trotzdem nicht besser werden, könnt ihr mir gern mailen (melanie.schueer@hotmail.de). Sowohl vor Ort als auch online bzw. telefonisch biete ich professionelle, passgenaue Beratung, die wirklich weiter hilft. Mehr Infos auf meiner Seite: www.neuewege.me
- Adressenliste von weiteren Beratungsstellen für Babys, die viel schreien und/oder schlecht schlafen: http://www.trostreich.de/Service/Adressen/adressen.html#Vier


Warum man Babys nicht "schreien lassen" sollte

Eines vorweg: Unser Sohn war ein extremes Schreibaby und hatte bis zum Alter von 2 Jahren eine Durchschlafstörung. Ich weiß, wie schlimm das ist. Wahnsinnig, unfassbar, unbeschreiblich nervenzerreißend und belastend! Und in unserer Ratlosigkeit haben auch wir irgendwann mal versucht, ob es nicht doch hilft, ihn schreien zu lassen. Das Ergebnis: Wir haben uns furchtbar gefühlt, er hat wahnsinnig geweint, das Schlafen war nach zwei furchtbaren Nächten für 2 Tage besser und danach mindestens so schlimm wie vorher. Ich weiß, dass viele von guten Erfahrungen berichten. Aber selbst wenn es scheinbar "klappt", gibt es gute Gründe, Babys nicht schreien zu lassen:

Kaum ein Lebewesen kommt so „unreif“ und hilfsbedürftig auf die Welt, wie der Mensch. Ohne „Beschützer“ ist der kleine Mensch jeder Gefahr hilflos ausgeliefert. Daher haben Babys und Kleinkinder das instinktive Bedürfnis, auch nachts nicht allein gelassen zu werden. Gerade Babys können noch nicht verstehen, dass die Eltern „direkt nebenan“ sind – allein ist für das Baby schlichtweg allein. Nicht allein schlafen zu wollen ist also kein Anzeichen dafür, dass das Baby verwöhnt ist – sondern einfach ein evolutionär bedingter Selbstschutz eines hilflosen Wesens. Einschlafen erfordert Loslassen – und um loslassen zu können, muss man sich sicher fühlen. Und genau dazu brauchen die meisten Babys und Kleinkinder liebevolle Begleitung.

Das kleine Kind schreien zu lassen führt zu großer Angst, erschüttert das Urvertrauen und kann viele ernsthafte Folgeschäden verursachen.

Dafür, dass das Schreien lassen häufig „funktioniert“, gibt es eine traurige Erklärung: Wenn höhere Säugetiere sich aus einer beängstigenden Situation weder durch Kampf noch Flucht befreien können, verfallen sie in eine Starre – evolutionär erklärbar geben sie mit den Hilfeschreien, die offenbar nichts nützen, auf, um nicht unnötig weitere Energie zu vergeuden oder Fressfeinde auf sich aufmerksam zu machen. (vgl. „Kinder verstehen“ von Herbert Renz-Polster). Dass Babys irgendwann aufhören zu schreien, heißt also nur, dass sie völlig erschöpft aufgeben – nicht, dass sie sich sicher fühlen.

Kinder sind nicht anspruchsvoll. Bei den Dingen, die ihnen nicht wichtig scheinen, sind sie stets bereit, sich unseren Launen zu fügen und zu tun, was wir von ihnen verlangen. Aber wenn wir fordern, dass sie alleine schlafen, dann verlangen wir etwas, was ihren grundlegendsten Instinkten widerspricht, und der Kampf ist zäh. (...)...denken Sie daran, dass Sie Ihrem Kind nichts beibringen (alleine zu schlafen, d.V.), was es selbst braucht,sondern eine Fähigkeit, die Ihnen nützt,wenn es sie erwirbt. Sie tun Ihrem Kind

keinen Gefallen, sondern bitten es um einen Gefallen. Wenn es Ihnen diesen Gefallen tut, dann müssen Sie ihm dankbar sein. Und wenn nicht, dann tragen Sie es mit Geduld; das Kind ist zu nichts verpflichtet.“

(González, 2006: 162,16)


Es folgt ein Post mit sinnvollen Alternativen.

Nicht zu viel loben - warum nicht nur Eigenlob stinkt


In vielen Erziehungsratgebern werden Eltern dazu aufgefordert, ihr Kind viel zu loben.
Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht ist das Loben eher kritisch zu sehen. Mit Loben meine ich Sätze wie "Das machst du aber toll!" oder "Super kannst du das!". 
Wenn Eltern ihr Kind sehr viel loben, wecken sie in ihrem Kind den Wunsch nach noch mehr Lob und weckt auf Dauer eher Verunsicherung:
"Mary Budd Rove, eine Forscherin der Universität Florida, hat entdeckt, dass Schüler, die ausgiebig gelobt wurden, vorsichtiger mit ihren Antworten waren und eher dazu neigten, Antworten in einem fragenden Tonfall zu geben („äh, sieben?“). Sie hatten die Tendenz, eine eigene Idee, die sie eingebracht hatten, schneller aufzugeben, sobald ein Erwachsener nicht mit ihnen übereinstimmte. Und sie zeigten weniger Ausdauer bei der Bewältigung schwieriger Aufgaben und teilten ihre Ideen weniger mit anderen Schülern." (http://www.arbor-verlag.de/fuenf-gruende-gegen-%E2%80%9Egut-gemacht). 
Außerdem führt häufiges Loben dazu, dass Kinder Tätigkeiten nur noch mit dem Ziel, gelobt zu werden, tun - nicht mehr, weil sie selbst die Tätigkeit als wichtig ansehen:
"In einer beunruhigenden Studie, durchgeführt von Joan Grusec an der Universität von Toronto, hatten Kinder, die häufig dafür gelobt wurden, großzügig zu sein, die Tendenz, im täglichen Leben weniger großzügig zu sein als andere Kinder. Jedes Mal, wenn sie ein „Gut geteilt!“ oder ein „Ich bin so stolz auf dich, dass du hilfst!“ hörten, wurden sie weniger daran interessiert, zu teilen oder zu helfen. Diese Tätigkeiten wurden nicht mehr in sich selbst als etwas Wertvolles angesehen, sondern als etwas, das wieder gemacht werden musste, um diese Reaktion von Erwachsenen zu erhalten. Großzügigkeit wurde Mittel zum Zweck." (vgl. ebd.).
Zudem fanden Forscher Hinweise darauf, dass Kinder in etwas, wofür sie gelobt wurden, hinterher weniger erfolgreich waren - ein Grund dafür ist wohl der Druck, weiter gut zu bleiben, um wieder gelobt zu werden (vgl. ebd.)
Was also ist die Alternative? Dazu ist es hilfreich, zu überlegen, was Kinder sich wünschen, wenn sie uns ein selbst gemaltes Bild oder einen gerade gebauten Turm zeigen: Aufmerksamkeit, Interesse, Anteilnahme. Da ist ein "Oh, du hast ja einen Turm gebaut, zeig mal. Der hat aber viele Farben!" oder "Ah, du hast gemalt. Da möchte ich gern mal sehen. Wie hast du das denn gemalt?" doch viel konkreter als ein "Toll gemacht!". Oder "Sieh mal, wie dein kleiner Bruder lächelt. Er freut sich, dass du ihm geholfen hat." Also: Interesse zeigen, indem man Fragen stellt oder einfach beschreibt, was man sieht. 
Ein tolles Buch zum Thema "Lob und Strafe" ist "Liebe und Eigenständigkeit" von Alfie Kohn.

Was will und soll dieser Blog?


Hallo, mein Name ist Melanie Schüer, ich bin Erziehungswissenschaftlerin, verheiratet und Mutter zweier Kinder. 
Mit dem Blog-Namen "Lieblingskind" drücke ich aus, was ich jedem Kind wünsche: Mit dem Gefühl aufzuwachsen, ein "Liebling" zu sein - jemand, der innig geliebt und als jemand ganz Besonderes wertgeschätzt wird. 
Der wesentliche Faktor dafür, ob ein Kind diese Art von Selbstwert und Geborgenheit erlebt, sind die Eltern.
Dank meines Berufs und meiner persönlichen Erfahrungen befasse ich mich viel mit Themen rund um das Leben mit Baby und Kind und weiß, dass man als Eltern immer wieder mit vielen Fragezeichen da steht und ratlos ist, wie man gerade am besten vorgeht.
Durch mein Studium habe ich eine ganz gute Grundlage und das Recherchieren von Informationen ist etwas, worin ich ziemlich gut bin. Und da dachte ich mir: Wenn ich schon so viel Zeit in die Suche nach möglichen Antworten auf Fragen zum Elternsein investiere, wäre es doch toll, wenn auch andere Eltern davon profitieren. 
Daher möchte ich in diesem Blog Infos, Tipps, Texte, Buchempfehlungen, etc. sammeln, die ich als hilfreich und pädagogisch wertvoll ansehe. In der Kurzbeschreibung ist von "Geheimtipps" die Rede, weil ich hier nicht allzu viele Standard-Infos einstellen will, die man auf jeder zweiten anderen Eltern-Internetseite findet, sondern primär Tipps und Wissen präsentieren möchte, das noch nicht so bekannt ist. 
Natürlich freue ich mich über Kommentare und Feedback!
Eure Melanie