Freitag, 21. August 2015

Fehlerfreundlichkeit

"Aus Fehlern lernt man". Den Spruch kennen wir wohl alle, doch glauben wir das wirklich? Oder, wenn wir es glauben, passt unser Verhalten uns und unseren Kindern gegenüber dazu?
Mein Mann kann ziemlich gut erklären und er sagte mal, einige Dinge könne er gut erklären, weil er anfangs selbst fast alle Fehler dabei gemacht habe, die man machen kann, und daher genau wisse, warum wann was schief läuft. Daher sei er ein sehr fehlerfreundlicher Mensch.
Eigentlich finde ich diese Einstellung sehr klug und doch erwische ich mich immer wieder dabei, sie im Alltag wenig umzusetzen. Wie ist das z.B., wenn ich total gestresst bin und mein Sohn dann auch noch sein Glas mit klebriger Apfelschorle umkippt? Wie oft stand er in solchen Situationen einer genervten, wütenden Mutter gegenüber? Eigentlich unangemessen, dieses Verhalten von mir. Denn natürlich hat mein Sohn das Glas nicht absichtlich umgekippt. Und natürlich nützt es ihm überhaupt nichts, wenn er nun auch noch angemeckert wird.
Wie würde ich mich stattdessen fehlerfreundlich verhalten? Indem ich tief durchatme, ihm einen Lappen in die Hand drücke und allerhöchstens ein ruhiges "Pass beim nächsten Mal besser auf." von mir gebe. Doch selbst darauf wird er vermutlich von selber kommen.
Es ist bekannt, dass wir Menschen viel besser lernen, indem wir etwas tun als dadurch, dass wir etwas hören. Auch das erklärt, weshalb die eben beschriebene Reaktion - ruhig bleiben, das Kind lernt, indem es selbst den Schaden wieder gut macht - sehr viel sinnvoller ist als das typische: "Oh Mann, kannst du nicht mal aufpassen! Sieh doch hin, was du tust! Das kommt davon, wenn du so herumhampelst!"
Und natürlich betrifft Fehlerfreundlichkeit auch den Umgang mit meinen eigenen Schwächen. Nicht, dass ich nicht versuchen sollte, an meinen Fehlern zu arbeiten. Aber wenn ich etwas falsch gemacht habe, bedeutet Fehlerfreundlichkeit, das einzusehen, dazu zu stehen, mich, wenn ein anderer Mensch betroffen war, zu entschuldigen , den Schaden möglichst zu beheben und weiterzumachen. Ohne peinliche Rechtfertigungen oder sinnlose anhaltende Selbstvorwürfe. In dem Wissen, dass auch ich aus Fehlern lerne.
Wenn ich mich dann meinem Kind gegenüber doch mal viel zu genervt und aggressiv verhalten habe, ist es wertvoll, wenn ich das hinterher ehrlich kommuniziere: "Du, es tut mir leid, dass ich vorhin so geschimpft habe. Ich weiß ja, dass du das nicht wolltest. Entschuldige bitte." Auf diese Weise kann mein Kind sogar aus meinen Fehlern lernen - nämlich, wie man sinnvoll mit Fehltritten umgeht und, wie man sich entschuldigt.
Also: Keine Angst vor Fehlern!